Ausstellungen

Übersicht der Ausstellungsprojekte

 

Kunstmessen

ART- Karlsruhe 2017, 2018, 2019 und 2023 Salongalerie „Die Möwe“

Ausstellungsprojekte, Einzel- und Gruppenausstellungen

2021/22: „Farb Form Fantasien“, Gruppenausstellung in der Salongalerie „Die Möwe“, Berlin, vom 16. Oktober 2021 bis 22. Januar 2022

2019/20: „Wiederentdeckte Moderne“ in der Residenz der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bern vom 20. August 2019 bis 21. Februar 2020, ein Ausstellungsprojekt der Salongalerie „Die Möwe“

2018: „Die imaginäre Substanz II“, Eiinzelausstellung in der Galerie Westnerwacht, Regensburg, vom 14. April bis 2. Juni 2018

2018: „Die Breslauer Kunstakademie – Gerhart Hein und seine Begleiter“, Einführungsausstellung in der Salongalerie „Die Möwe“, Berlin, vom 19. Januar bis 14. April 2018 // Artikel und Grußwort lesen

2013: „Gerhart Hein – Die imaginäre Substanz“, Einzelausstellung in der Galerie Bartsch, München, vom 13. Juli bis 10. September 2013

2013: „Gerhart Hein – Die imaginäre Substanz“, Einzelausstellung im Kunstkontor Westnerwacht, Regensburg, vom 13. April bis 8. Juni 2013 // Artikel lesen

2009: „Feinfarbige Abstraktionen, gedachte Landschaften“, Gerhart Hein auf Schloss Stefling vom 6. bis 21. Juni 2009

2007: „Aus dem Verborgenen in die Öffentlichkeit“, Gerhart Hein im Hamburger Kultwerk West, ein Themenabend am 8. November 2007

2006: „Gerhart Hein – Die imaginäre Substanz“, Einzelausstellung im Museum Baden Solingen, vom 10. September bis 22. Oktober 2006

2006: „Gerhart Hein – Die imaginäre Substanz“, Einzelausstellung im Kunstmuseum Bayreuth, vom 10. Mai bis 23. Juni 2006

Mischtechnik, 1960

„1929 nahm Otto Mueller, einstiger Vertreter des »Brücke«-Expressionismus, begeistert von einer Porträtzeichnung, den 19-jährigen Breslauer Gerhart Hein in seine Malklasse der Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau auf. Dieser besuchte dann aber auch die Klassen von Alexander Kanoldt, einem der wichtigsten Protagonisten der Neuen Sachlichkeit, Oskar Moll, einem Schüler Henri Matisses, Johannes Molzahn, der an der Gründung des Bauhauses in Weimar beteiligt war und sich in den zwanziger Jahren der abstrakten Malerei annäherte, Carlo Mense, Maler des rheinischen Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit, sowie Oskar Schlemmer, der erst 1929 vom Bauhaus Dessau nach Breslau gekommen war. Hein lernte also die ganze Palette der zeitgenössischen Kunst kennen.“

Klaus Hammer, nd-aktuell vom 24. Januar 2018

Katalog

„In der Beschäftigung mit den Arbeiten Heins besticht ihre Klarheit und ihre Struktur und in den von ihm entwickelten Farb-Form-Konstruktionen finden sich Besonderheiten, die bei den jungen Künstlern der Nachkriegszeit in den 50er-Jahren, so nicht zu finden sind.“

Prof. Dr. Kornelia von Berswordt-Wallrabe, ehemalige Landesmuseumsdirektorin am Staatlichen Museum Schwerin

Vernissage der Ausstellung „Die Breslauer Kunstakademie: Gerhart Hein und seine Begleiter“
18.01.2018

Auf der Webseite der Salongalerie „Die Möwe“ heißt es zur sehr gelungenen Vernissage:

„Gestern, am 18. Januar 2018, eröffneten wir im Beisein zahlreicher Kunstfreunde unsere neue Ausstellung „Die Breslauer Kunstakademie: Gerhart Hein und seine Begleiter“. Hein war in den 1920er Jahren Schüler an der damals sehr bedeutenden Kunstakademie in Breslau. Seine Lehrer waren u.a. die herausragenden Künstler Otto Mueller, Johannes Molzahn und Oskar Moll. Die Schließung der Akademie und der Kriegseinbruch beendeten seine Karriere abrupt. Heins gesamtes Frühwerk gilt bis auf eine Ausnahme – ein männliches Porträt, das in unserer Ausstellung zu sehen ist – als verschollen. Nach dem Krieg setzte Hein neu an und schuf in den 50er und 60er Jahren ein beeindruckendes Spätwerk. Aus dieser Zeit präsentieren wir rund 30 Bildern voll Farbigkeit und Energie, die von Arbeiten seiner Begleiter und Lehrer an der Akademie flankiert werden.

Dass die Ausstellung zustande kommen konnte, haben wir Gerhard Heins Tochter, Frau Almuth Hein zu verdanken. Durch ihr immerwährendes Engagement konnten in der Vergangenheit Ausstellungen im Kunstmuseum Bayreuth und im Museum Baden in Solingen realisiert werden. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei der Laudatorin Frau Professor Dr. Kornelia von Berswordt-Wallrabe (Grußwort siehe untere Box). Sie leitete viele Jahre das Staatliche Museum Schwerin und organisierte dort 2002 eine umfangreiche Ausstellung zur Bedeutung der Breslauer Kunstakademie.“

Künstlerseite von Gerhart Hein bei der Salongalerie „Die Möwe“

(Foto: © Salongalerie „Die Möwe“)

Grußwort von Frau Prof. Dr. Kornelia von Berswordt-Wallrabe anlässlich der Vernissage in der Salongalerie „Die Möwe“ am 18. Januar 2018, Berlin

 

Sehr geehrte Frau Wall,
meine sehr geehrten Herren und Damen,

vielen Dank für die Einladung, heute in der Salongalerie Möwe zu sprechen.

Ich bin der Einladung gern gefolgt, denn ich kannte nur wenige Arbeiten von Gerhart Hein, obwohl wir 2002 in Schwerin eine große Ausstellung zur Breslauer Kunstakademie ausgerichtet haben. Darin ging es – leider wie so oft – vor allem, um die Lehrer der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau.

Anlässlich dieser schönen und umfangreichen Ausstellung von Gerhart Hein – heute – haben wir nun die wundervolle Gelegenheit, auch Werke seiner Lehrer und Begleiter wiederzusehen oder kennenzulernen.

In der Beschäftigung mit den Arbeiten Heins besticht ihre Klarheit und ihre Struktur und in den von ihm entwickelten Farb-Form-Konstruktionen finden sich Besonderheiten, die bei den jungen Künstlern der Nachkriegszeit in den 50er-Jahren, so nicht zu finden sind.

Die materialgebundenen, ja existentiellen Schlüsse, die er in der Auseinandersetzung mit der Kunst seiner Zeit zieht, bringen Konstellationen und Darstellungsweisen zur Anschauung, die andere Bildlichkeiten entwickeln, als etwa den Bruch mit der Gegenständlichkeit.

Zudem bezieht sich die Ausstellung ausdrücklich auf die bild-künstlerische Arbeit an der Breslauer Akademie zwischen 1928-1932.

An der Breslauer Akademie, die 1911 aus der 1791 gegründeten Königlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule hervorgegangen ist, wurde Architektur, Angewandte Kunst mit den Schmuck-, Textil- und Metallwerkstätten, Bildhauerei, sowie Malerei, Zeichnen und Grafik gelehrt. Werke ihrer Lehrer und Studierenden finden sich auch in Berlin und wirken bis heute – zum Teil in die Welterbe-Liste der UNESCO aufgenommen – in die Entwicklungen neuer Kunst- und Architekturentwürfe hinein. Ein Beispiel dafür ist etwa Hans Scharoun, der als Planer der Siemensstadt 1929 – 31 und auch als Architekt selbst einige Bauten oder die unvergleichliche Berliner Philharmonie, realisiert hat.

Meine Damen und Herren, nicht zuletzt daran zeigt sich das hohe Niveau in dem an der Breslauer Kunstakademie gearbeitete und gelehrt wurde.

Bei der Erarbeitung der großen Übersichtsausstellung zur Breslauer Kunstakademie 2002 in Schwerin war uns wichtig, die Arbeiten ihrer Lehrer und Studierenden im kollektiven Bewusstsein der Bundesrepublik neu zu verankern und ihre konzeptuelle Nähe zum Bauhaus und zu den anderen bedeutenden deutschen Kunstakademien der Zeit, transparent werden zu lassen. Dazu gehörte, dass die Ausstellung anschließend im Nationalmuseum Wroclaw/Breslau gezeigt wurde, um auch hier das vorhandene Wissen über die gemeinsame Geschichte in unseren Ländern wirksam werden zu lassen.

Gerhart Hein, 1910 geboren, hatte den Berufswunsch Baumeister zu werden.

Um sich von der Pieke auf auszubilden, erlernte er das Handwerk des Maurers und schloss nach dreijähriger Lehrzeit 1928 mit der Gesellenprüfung ab. Schon während seiner Gesellenjahre besuchte er die Städtische Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Breslau. Die Voraussetzung für die Aufnahme zum ganztägigen Besuch der Schule war eine mindestens zweijährige Berufstätigkeit, die nun keine Hürde mehr darstellte und so war er ab April 1928 – ganz seinem Wunsch entsprechend – Vollschüler der Abteilung Malerei bei Ludwig Peter Kowalski. Der war selbst zehn Jahre lang Student der Breslauer Kunstakademie gewesen.

Bei einem Atelierbesuch fiel Otto Mueller „1929 eine Porträtzeichnung des Eleven Gerhart Wilhelm August Hein auf, der Unterricht bei Muellers Malerfreund Kowalski nahm. Begeistert von dem was er sah, sorgte Mueller umgehend dafür, dass Hein zum Sommersemester in seine Fachklasse kam, ohne die sonst übliche Aufnahmeprüfung und den obligatorischen Besuch der Vorklasse“ an der Akademie zu absolvieren.

Otto Mueller hatte anlässlich seiner ersten Einzelausstellung 1919 bei Bruno Cassirer in Berlin seine Arbeit als den Wunsch beschrieben: “mit größter Einfachheit Empfindungen von Landschaft und Mensch auszudrücken.“ Und in seinem Unterricht galt: „Wenn Sie Aktzeichnen können, können Sie alles zeichnen: Bäume, Frösche, Grillen“.

In Bezug auf die heute erhaltenen Nachkriegsarbeiten Gerhart Heins ist m. E. neben dem tiefen Eindruck Otto Muellers mindestens eine weitere Prägung virulent: diejenige Oskar Molls. 1918 waren die damals bereits für die Abstraktion offenen Maler Otto Mueller und der ehemalige Matisse-Schüler und spätere Direktor der Akademie, Oskar Moll nach Breslau berufen worden. Zwischen 1929 und 1932 besuchte Gerhart Hein deren Mal- und Zeichenklasse und an der Akademie verpflichtend, auch die Klassen von Johannes Molzahn, Alexander Kanoldt und Carlo Mense. Seine überlieferten Zeichnungen legen jedoch nahe, dass sich Gerhart Hein auch mit der Arbeit von Paul Holz dem Breslauer Meister der Zeichenklasse intensiv auseinandergesetzt hat.

Zur Zeit der Schließung der Akademie 1933 ist Gerhart Hein voll ausgebildeter Maler und 23 Jahre alt. Seine Arbeiten waren bis dahin in wenigen Ausstellungen vertreten gewesen.

Im Dezember 1933 zeigte das Schlesische Museum der bildenden Künstedie Ausstellung „Kunst der Geisteshaltung 1918 – 1933. Sie erwies sich später als Vorläufer der berühmt-berüchtigten Ausstellung „Entartete Kunst“ in München 1937.

In der – schier unfassbaren Zahl von 16.000 beschlagnahmten Werken allein im Breslauer Museum – finden sich, als zweite Erfassung „der Bilder entarteter Kunst“ 1937 nachweislich 64 Werke von Lehrern und Schülern der Akademie, darunter die Nr. 28, ein Stillleben von Gerhart Hein.

Als die Akademie im Juli 1933 endgültig geschlossen wird haben Gerhart Hein und seine Kommilitonin und Ehefrau, Elisabeth, Breslau bereits in Richtung Riesengebirge verlassen. Und dort übernimmt Gerhart Hein, nach verhängtem Malverbot der Nationalsozialisten, ähnlich wie Hermann Glöckner im Sächsischen, baugebundene Aufgaben, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu bestreiten. Der Krieg führt ihn in den Osten. Nach Verletzungen und englischer Gefangenschaft findet er 1947 seine geflüchtete Familie in der Nähe von Nürnberg. Seine gesamten Arbeiten aus der Vorkriegszeit sind verloren.

Meine Damen und Herren,

ein derart harter Bruch nach einem so hoffnungsvollen Beginn verursacht zwangsläufig ein tiefgreifendes Trauma, von dem Gerhart Hein als „verbotene Zeit“, auch später, selten sprach. 1949 erhält Hein eine Anstellung als Zeichner und Gestalter bei den Labor Service Centers der USA in Nürnberg. Sie umfasste die Leitung aller vor Ort erstellten Publikationen, Druckschriften, Plakate für Veranstaltungen oder Kinovorführungen und bis 1955 die Verantwortung für 150 Mitarbeiter.

Hier werden nach seinen Entwürfen für die Labor Service Centers Um- und Wiederaufbauten in Nürnberg realisiert. Gleichzeitig verfügt der leidenschaftliche Maler nun über die notwendige Zeit sein unbändiges Interesse an der Malerei zu stillen und das eigene Werk konsequent weiter zu entwickeln.

Schon unmittelbar nach dem Krieg verwendet Hein starke, ungemischte Farben. Seine Aquarelle lichtdurchdrungener Landschaften schöpfen ihren besonderen Reiz vor allem aus dem Kontrast der Primärfarben in Abstufungen und der Intensität ihres Auftrages. Flächen, Grenzen, Linien des jeweils landschaftlichen Raumes sind einzig in lichter Farbe ausgeführt.

Ab 1951 rückt Hein das gewählte Sujet nun beinahe unmittelbar ins Bildfeld. Seine Ränder werden von den Bildgrenzen hart überschnitten. In diesen Arbeiten bricht sich die Einsicht Bahn, dass der Blickpunkt des Auges den Standpunkt des Malers referiert. Die Arbeiten zeigen die Dinge im Fokus des Auges: Überlagert, überschnitten, facettiert.

Die flächenhaft ausgeführten Linien gewinnen an Bedeutung. Sie bleiben farbig, aber verlieren nach und nach die Funktion, ein Ding oder eine Landschaft zu bezeichnen. Die Linien werden – neben den vielen verschiedenen unterliegenden Farbefeldern – zum Träger und Hauptelement der rhythmisierten Bildräume und Konstruktionen. Gerhart Hein verdichtete sie im Raster und systematisiert sie zu Progressionen.

Beispielhaft dafür stehen seine starken Arbeiten zwischen 1957 bis 1962.

Dazu schreibt er – ganz auf der Höhe der Kunstdiskussion seiner Zeit: “… es (handelt) sich um die aktuelle Ausformung der schon lange bestehenden geometrisierenden Abstraktion wie bei (Josef) Albers, oder (Frantisek) Kupka“ … „und hält sich in weiter Entfernung von der informellen Malerei… Zugleich erwachen im Bewußtsein des Betrachters Anspielungen auf Molekulares und Kristalin(isch)es, die Kunst schlägt industrie-technische Assoziationen an. Das Bild, das an photographierte Kristallgitter erinnert, bezieht sich auch auf eine abstrakte, mehrfach gebrochene, in keiner Weise mehr direkte Naturerfahrung. Es entspricht etwa der Morseschrift, die sich auf Gebrauchsschrift bezieht, die sich auf Sprache bezieht. Und endlich sind diese Bilder selber „imaginäre Substanz“…“

Und weiter:

„So wird heute die „Natur“ das Nichtgeplante, Unkontrollierbare und Hinzunehmende: Der Krankheitsherd, der Verkehrsunfall, die Unzuverlässigkeit des Wetters. Und tatsächlich gibt es zwei Stellen, an denen so etwas optisch aktuell wird: im Vernachlässigten, Verrosteten und in den Konfinien der Molekularbestände. Folglich vollzieht die Malerei von innen her eine Annäherung an diese Evidenzen, wenn das Bild zu einer fiktiven Substanz wird. … Die Industriewelt gilt mit Recht nicht als darstellungsfähig; aber indem die Kunst sich von ihr abwendet, beweist sie zugleich die Abhängigkeit des zeitgenössischen Künstlers von ihr, und was dort an den Rändern und Hintergründen erscheint, besetzt die Mitte des Bildes.“

„Hier nun entsteht die „Sinnfrage“ laut Hein. Sie liegt „in den Erwartungen einer Gesellschaft, die im Strom der Neuerungen, … in die Zukunft gerissen wird.“ Daraus folgt “..die Dynamisierung des Bildes, die es unmöglich macht, sich in ihm niederzulassen – es soll unseren Lebensrhythmus teilen. (G. Hein, S.22)

Meine Damen und Herren,

In den wertvollen Reflexionen zur Malerei nach dem Krieg hat Hein eine Diskussion referiert, die das grundlegende Verhältnis von Kunst und Gesellschaft bis heute kennzeichnet:

Die Ausdrucksformen der Kunst, der Malerei, der Skulptur, ändern sich in dem Maße, wie sich die Gesellschaft verändert. Wo die Kunst diese Veränderungen nicht reflektiert und spiegelt, verkommt sie zur reinen Dekoration.

Dagegen erweisen sich seine Arbeiten als ideale Mittler zwischen etwa den Strukturalen Konstellationen der Bauhaus-Zeit von Josef Albers in den 20er-Jahren und den Nachkriegsjahren mit ihren Tendenzen der ungegenständlichen Kunst.

In dem Versuch der Analyse nach dem verheerenden Krieg, die möglichen neuen Entwicklungen in der Malerei zu diskutieren und – aufs Neue – malend in Gang zu setzten, schenkt uns der Maler seine Sicht auf die Welt: Komplex und konkret, aber von einer Farbigkeit und dynamischen Kraft durchdrungen, die uns in der Betrachtung der Arbeiten heute einen Einblick ermöglicht und uns teilhaben lässt – an seinem Blick auf die Welt.

Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Zeit und wünsche uns allen weitreichende Einblicke und womöglich manche Erkenntnis heute Abend.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Frau Prof. Dr. Kornelia von Berswordt-Wallrabe, Schwerin

Vernissage der EinführungsAusstellung „Gerhart Hein – Die imaginäre Substanz“, Kunstkontor Westnerwacht, Regensburg
13.04.2013

Galerist Emanuel Schmid schreibt dazu: „Gerhart Hein (1910-1998) hatte durch sein Studium an der Breslauer Kunstakademie engen Kontakt zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Expressionismus. Während der Nazi-Diktatur als entartet eingestuft, konnte er ab 1933 seine künstlerische Kreativität kaum entfalten. Erschüttert durch NS-Herrschaft und Weltkriegserfahrung verweigerte sich Hein dann später dem Kunstbetrieb der Bundesrepublik Deutschland. Eine 1988 von Werner Timm im Kunstforum Ostdeutsche Galerie geplante umfangreiche Ausstellung seiner Arbeiten lehnte er ab. Erst nach Heins Tod begann im Museumsbereich eine Rezeption des bisher der Kunstgeschichte völlig unbekannten Werkes eines wichtigen Vertreters der sog. Verschollenen Generation. Die aktuelle Ausstellung im Kunstkontor ist die erste Vorstellung des Künstlers in einer Kunstgalerie, somit die Einführung des Werkes in den Sammlerbereich. Erhalten haben sich Arbeiten aus der Zeit von 1950 bis 1968. Die bis etwa 1954 geschaffenen, eher noch gegenständlichen Aquarelle zeigen Landschaften, Blumenbilder und Porträts, die Beziehungen zur französischen Matisse-Schule aufweisen. Ab 1955 löst sich die Figuration auf zugunsten einer ganz eigenständigen, vom Kubismus inspirierten Formfindung, die schließlich zu völlig abstrakten Strukturen aus geometrischen Liniengeflechten mit hierdurch eingegrenzten, weiter differenzierten Farbflächen führt. Gerhart Hein bezeichnet diese Konstrukte als „imaginäre Substanz“.

„Neben den leuchtenden Farben fällt vor allem die opulente Fülle und Dichte auf. Auf dem Papier bleibt kein weißer Fleck, schier unerschöpflich ist der Detailreichtum. Und es geht um die reine Abstraktion, nicht um die nur abstrahierende Darstellung konkreter Dinge. Die Formen bleiben nicht diffus und amorph, es gibt klare lineare und geometrische Strukturen: die von einem Baumeister entworfene Bildarchitektur. Kraftvoll und sinnlich wirken die Bilder auch heute noch, 50 Jahre nach ihrer Entstehung. Über sie ist die Zeit nicht hinweggegangen.“

Ulrich Kelber, Mittelbayerische Zeitung, 15. April 2013